Ich bin fix und fertig… aus die Maus!
Das war mein erster Gedanke, als mein Wecker am Montagmorgen klingelte und ich aufgewacht bin. Schmerzende Beine und Füße, Rückenschmerzen, müde trockene Augen, heißere Stimme… wenn du wissen möchtest, wie sich dein Körper nach fünf Tagen Frankfurter Buchmesse anfühlt kann man es mit einer Grippe vergleichen. Wobei man die, wenn man Pech hat, nach der Messe auch noch bekommen kann. Du bist gefühlt total dehydriert und unterernährt. Du schleppst dich müde und total antriebslos durch die Wohnung, fast fühlst du dich schon wie ein Zombie und wenn du in den Spiegel schaust dann siehst du es auch – das Zombie. Du fühlst dich, als hättest du fünf Tage durchgefeiert…
Wenn du dann erst einmal soweit wach bist, kommen sie wieder – die Gedanken, die in deinem Kopf kreisen. Die Eindrücke, die auf dich einstürmen.
Im Grunde bin ich an dieser Stelle zunächst froh, dass die Frankfurter Buchmesse 2019 vorbei ist. Dass ich die Messe überlebt habe. Man ist einfach nach fünf Tagen messemüde. Bereits am vierten Tag hatte ich um die Mittagszeit ein so heftiges Tief, dass ich mich zu anderen Bloggerinnen auf den Boden der sogenannten „Rennbahn“ gesetzt habe (Halle 3.0 Reihe L). Aus dieser Zwangspause ist jedoch ein ganz tolles und konstruktives Gespräch entwachsen, das mich für die restliche Messe total beflügelt hatte. Jetzt im Moment genieße ich die Ruhe und Stille. Kein Rauschen wie in den Messehallen. Nur gleichmäßige Ruhe. Es ist leise.
Die Fachbesuchertage erscheinen einem rückblickend im Gegensatz zum Messewochenende wie ein Spaziergang. Menschen… überall Massen von Menschen. Stellenweise hatte man das Gefühl sie kamen wie ein apokalyptischer Heuschreckenschwarm über einen hergefallen.
Es waren einfach wahnsinnige Tage… voller neuer Bekanntschaften, Erlebnisse und was sonst noch zu einer Buchmesse gehört. Man konnte die 9,2 % mehr Besucher am Messewochenende deutlich wahrnehmen (Quelle: Pressemitteilung der FBM vom 20.10.2019, 19:26 Uhr). Von mehreren hat man gehört: so schlimm wie dieses Jahr war es noch nie. Und das stimmt. Dies war meine dritte Buchmesse und ich kann es einfach nur bestätigen. Gut, dass ich sonntags meinen festen Platz beim unglaublich tollen Sternensand Verlag hatte. So musste ich mich nicht großartig durch die Massen quetschen.
Und dennoch… auch wenn ich total im Eimer bin und gefühlt zwei Wochen Urlaub gebrauchen könnte, so will ich keinen Moment missen, den ich auf der Messe erlebt habe.
Nirgends kommen so viele gleichgesinnte Menschen zusammen wie auf einer Messe. Man lebt buchstäblich fünf Tage lang in einer Blase, fernab der trüben Realität. Hier in den Hallen ist die Welt bunt – die Probleme scheinen kleiner oder sogar ganz fern. Man taucht wortwörtlich ein in eine Bücherwelt und auch wenn es Ausnahmen gibt, trifft man hier überwiegend nur Menschen, die das Gleiche verbindet und die die gleichen Werte und Überzeugungen teilen. Man ist eine Familie und das nur, weil man etwas gemeinsam hat – die Liebe zu Büchern.
Hier fühlt man es – die Gleichheit. Bücher erreichen jeden ungeachtet seiner Herkunft, Hautfarbe, sexuellen Orientierung, sozialen Schicht oder sonstigen Kriterien die Menschen in Schubladen stecken. Hier sind wir eins…
Jetzt diesen schützenden Mantel wieder entrissen zu bekommen, wieder in die Realität zurückgeschubst zu werden ist fast schon grausam. Ich sitze hier, völlig leer und fast schon ausgebrannt. Keine Motivation… nicht mal zum aufrecht sitzen. Und da schleicht er sich an, der Messeblues. Er erwischt mich, jeden… Jeden der einmal die Wärme und Geborgenheit dieser ganz besonderen Welt gespürt hat, der einmal in diese parallele Realität einer Büchermesse geschlüpft ist. Jeden der einmal im Kreise dieser ganz speziellen Familie gewesen ist.
Ich vermisse es jetzt… die Gespräche. Den Austausch. Den Duft nach Büchern (auch wenn man ihn am Wochenende vor lauter Menschen nicht mehr wahrnehmen konnte). Ich vermisse es auf Menschen zu treffen und sofort eine Verbindung zu ihnen zu haben. Ich vermisse meine kleine parallele Realität in der die Probleme klein und die Gemeinsamkeiten groß sind. Gerade wenn ich aus dem Fenster schaue und das trübe Grau sehe, wenn ich die Nachrichten sehe und das Übel auf der Welt sehe. Ich will es um Gottes Willen nicht ignorieren, nein. Aber ich sehne mich nach den Momenten der Zufriedenheit und inneren Ruhe in den lauten Messehallen. Der der es nicht selbst erlebt hat, hält mich für verrückt. Unnormal.
Jetzt kommt die Traurigkeit. Meine Augen brennen… ich spüre wie meine Augen sich mit kleinen Tränen füllen wollen, die ich schnell wegblinzle. Ich erinnere mich an die Abschiede. Abschiede von Menschen die für fünf Tage zu deiner Familie gehört haben. An die Umarmungen die nicht enden wollten – man wollte sich nicht loslassen, weil man sich doch eben erst gefunden hatte. Ich habe hier Freunde gefunden… tolle Menschen die ich nun ein Jahr nicht mehr sehen werde oder vielleicht noch länger. Und ich habe Angst. Angst dass man sich gegenseitig vergisst in dieser schnellen Zeit. Jede Begegnung während der letzten Tage hat mich geprägt, berührt und verblüfft. Ich habe Menschen in mein Herz geschlossen obwohl man sich nur so kurz gesehen hat. Und jetzt ist da diese Leere. Zurück im Alltag bleiben einem nur die schönen Erinnerungen und ich muss lächeln. Lächeln während ich innerlich weine. Ich lächle weil ich weiß, wenn ich nach Hause komme und die Bücher sehe, die mich von der Messe heim begleitet haben, all diese Menschen, Begegnungen und Gespräche die ich jetzt so vermisse in Gestalt eben dieser Bücher da sein werden. Jedes Buch verbinde ich mit einer Begegnung, einem Erlebnis und ich weiß alles ist gut.
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